10 April 2021

Es ist nichts weiter als ein schöner Wildblumenstrauss, aber für mich hat er eine Bedeutung. Denn er zeigt mir: langsam wird´s.
Es war später Nachmittag und normalerweise hätte es sich etwa wie folgt abgespielt: Elié bei den Hausaufgaben helfen, Wohnzimmer aufräumen, …ach, mist jetzt ist es ja schon so spät, da habe ich gar keine Zeit mehr für meinen Spaziergang.
Ausserdem kommen in einer halben Stunde Elié und Thomas vom Training und es gibt Abendbrot.
Aber: Das wollte ich doch so nicht mehr machen.
“Erst um alle anderen kümmern und dann (wenn noch Zeit) um mich selbst, Nein, damit ist jetzt Schluss”
Und eigentlich geht es auch ganz einfach. Wenn Thomas und Elié nach Hause kommen bin ich noch nicht wieder da, aber das macht doch nichts. Die können doch auch den Abendbrottisch decken. Sie meckern ja auch gar nicht und verlangen, dass ich das mache…ICH bin das immer die meint ich müsste….
Also ziehe ich mich um und spaziere los.
Und komme zum vierten Mal an der Wiese mit den tollen Blumen vorbei. Jedes Mal sage ich mir “du müsstest sie eigentlich pflücken und in die Vase stellen”, aber immer vergesse ich eine Schere mitzunehmen. Es sind Wildblumen und ordentlich piecksig, ohne geht es nicht.
Normalerweise währe ich jetzt einfach weiter gelaufen, genau wie am nächsten Tag und am übernächsten Tag und irgendwann sind sie verblüht und ich denke “ach, eigentlich schade”.
Also drehe ich um und besorge mir eine Schere.
Auf dem Rückweg pflücke ich mir einen riesen Strauss und meine Schwiegermutter kriegt auch gleich einen. Sie war den ganzen Winter über hier und hat mir geholfen während die Chemo mich ausser Gefecht gesetzt hat…das hat sie sich verdient und das kann man dann auch mal sagen”
Jetzt steht der Strauss seit ein paar Tagen bei mir auf dem Tisch und ich freue mich immer wieder. Das mit dem Prioritäten verändern klappt so langsam.